Spiritualität, Sexualität & Be-Friedigung - 

Ich habe in diesem Jahr über 20 Artikel geschrieben, aber nur ein paar veröffentlicht. Einer davon handelt über Kinder und Missbrauch. Bevor ich den aber veröffentlichen werde, möchte ich versuchen, einmal etwas tiefer in das Thema dieses Artikels einzugehen, da es wichtige Aspekte enthält, die Missbrauch auch in einem anderen Licht erscheinen lassen können.

Ich habe mir in meinem Leben viele Gedanken über Sexualität und sexuelle Bedürfnisse gemacht, da ich die spirituellen Aspekte diesbezüglich besser verstehen wollte. Und das darum, weil ich einfach nie wirklich „Befriedigung“ durch sexuelles Verlangen und der Auslebung erfahren konnte.

Was ist eigentlich Befriedigung?

In dem Wort steckt „Frieden“ und das bringt uns der Sache schon etwas näher.

Ich glaube, dass der Wunsch hinter sexuellem Verlangen der Wunsch nach Frieden ist.

Den erlangt man, nach meiner persönlichen Erfahrung, allerdings nicht durch sexuelle Befriedigung. Ich benutze gerne den Vergleich, dass es so ist, als würde man an einem Eis lecken, dass in einer Glaskugel steckt - man kommt einfach nicht ran…

Aber was ist denn Frieden?

Totale Passivität im Bliss? Oder Aktion und Kooperation in Liebe (und damit in Barmherzigkeit, Rücksicht, Geduld und auch Heilung) mit allem anderen?




Frieden im Sex?

Wenn man mit jemandem Sex hatte und dieser „befriedigend“ war, wo hat dieser Frieden denn dann statt gefunden?

Du magst sagen: In mir selber.

Ok, aber was ist „in mir“?

Körperlich passiert einiges und oft kommt nach sexueller Befriedigung ein Wohlgefühl und eine angenehme körperliche Ermattung, sowie das Lösen von Spannungen. - Idealerweise.

Und das ist alles angenehm.

Aber nach einer gewissen Zeit, was passiert dann? Ist das Verlangen befriedigt? Oder kommt das Verlangen nicht wieder?

Und die Frage ist natürlich auch, wofür man Sex „gebrauchen“ will.

Wenn dir ein Yogi sagt, es soll nur zum Kinderzeugen sein, dann sind wir hier in unserer Gesellschaft sofort raus. Nicht, das dieses Konzept nicht etwas für sich hat, aber es ist in unserer Gesellschaft einfach schlichtweg unrealistisch.

Warum?

Weil wir unser ganzes Leben lang derartig verdreht und missbraucht wurden (aus geistiger Sicht), dass man jetzt nicht auf einmal einen „spirituellen Idealzustand“ leben kann, als wäre nichts zuvor geschehen.

Wie ich schon sagte: Unrealistisch.

Mein persönlicher Weg sah bisher so aus, dass ich in jüngeren Jahren mein Verlangen eher „verdammt“ habe und auch versucht habe, es zu unterdrücken, denn es ging irgendwie nicht weg...

Das war im Hinblick meines mangelnden Verständnis und meiner Motivation verständlich, aber mehr oder weniger erfolglos.

Im Gegenteil. Ich habe mich dadurch eher selbst-entfremdet, als be-friedigt.

Denn das Verlangen war ja nicht weg, es wurde nur negiert. Geht, ist aber nicht sehr effektiv im Streben nach Frieden…

Heute sehe ich es so:

Ich nehme wahr, dass ich sexuelles Verlangen habe. Ich akzeptiere, dass ich es habe. Aber ich weiß, dass ich die Wahl habe, was ich damit „tun“ will. Ich muss dem Verlangen NICHT folgen, wenn ich es nicht will. Und ich komme auch nicht in die Hölle, wenn ich es tue.



Sex und die Hölle

Wie ich bereits sagte, glaube ich nicht, dass man automatisch in die Hölle kommt, wenn man sexuelles Verlangen befriedigt. Zumindest nicht, so lange es niemanden schadet. Ob es dir selber schadet, sollte man jedoch nicht aus den Augen verlieren.

Die Frage ist: Erhöht es deinen Frieden?

Und was die Hölle anbelangt, so glaube ich, dass viele von uns sich bereits darin befinden.

Nicht, weil Gott uns verdammt, sondern wir es selber tun - durch „falsche“ Handlungen.

Woran ich diese erkennen kann? - Nun, erhöhen sie den Frieden?

Und nein, jemand ins Gesicht zu schlagen, der einem die Vorfahrt genommen hat, fällt nicht in diese Kategorie. Selbst, wenn du glaubst, es war okay und damit deinen „Frieden“ hast.

Wenn der oder die Andere ihn nicht hat (und ich kenne wenige, die sich besser fühlen, nachdem man ihnen einen Schlag ins Gesicht verpasst hat), dann ist das Ding kein Frieden. Sorry.

Und natürlich hat organisierte Religion gerne den Höllen-Fluch zu Hand, wenn es um sexuelles Verlangen geht. Als ob diese Priester alle durch Jungfrauengeburt in die Welt gekommen wären…

Im Hinblick auf mein Beispiel mit dem Eis und der Glaskugel, ist „Sex“ allerdings ein optimales Mittel, um Menschen zu versklaven, da sie nach etwas Streben, dass sie nicht erreichen können durch die Wege, die ihnen gesellschaftlich und politisch gewiesen werden.

Ein wahrhaftig teuflischer Geniestreich, der den Großteil der Menschheit, leicht in sexuelle Ketten zwängt, die diese auch noch dankbarst zelebriert.

Aber all unsere Probleme und Disharmonien zeigen, dass wir NICHT in Frieden sind.



Körper und Seele und das Jenseits

Wie ich schon oft gesagt habe, halte ich den Menschen in erster Linie für ein geistiges Wesen, dass einen physischen Körper besitzt und nicht umgekehrt.

Und dieser Körper wird animiert durch die Seele. Ohne Seele ist der Körper dem Zerfall unterworfen, da das organisierende und belebende Prinzip ihn jetzt nicht mehr „organisiert“.

Die Seele ist im Jenseits verwurzelt, der Körper im Diesseits.

Und das Diesseits könnte ohne Jenseits nicht existieren.

Das Diesseits ist die materielle Welt. Das Jenseits ist geistig und die Wahrheit.

Warum Wahrheit?

Nun, die materielle Welt wird oft als Illusion bezeichnet, in der christlichen Mystik sogar als Lüge.

Warum?

Weil sie vergänglich ist. Denn Gott ist Geist und Geist ist ewig, ebenso wie Wahrheit.

Wenn du ein Problem mit „Gott“ hast, ändert das trotzdem nichts an der Tatsache, dass die materielle Welt nun einmal vergänglich ist.

Man mag das Jenseits, die Seele, Gott und alles Dazugehörige ablehnen, nicht glauben oder negieren. Aber es bleibt trotzdem Fakt, dass ein Stuhl, auf dem du sitzt, zuerst als geistige Idee existiert hat (und ewig existieren wird), der materielle Stuhl aber nicht.

Das ist Diesseits und Jenseits. In Kurzform.

Wahrer Frieden muss darum etwas Geistiges sein. Etwas Nicht-Physisches.

So wie ein Gefühl auch nicht-physisch ist, auch wenn man es in unserer Kultur gerne als Wirkung von biochemischen Abläufen degradieren will. Die Katze beißt sich spätestens dann in den Schwanz, wenn man die Frage stellt: Was ist denn eine Wirkung?

Aktion und Reaktion mögen sich physisch mitteilen, aber sie sind immer geistige Prinzipien, oder, wenn du so willst, „Naturgesetze“.

Da die Materie vergänglich ist, kann sie niemals der Ort des Friedens sein, den man anstrebt, weil in ihr der sogenante Tod liegt, der sich durch Vergänglichkeit ausdrückt.

Aus diesem Grund haben so viele Menschen Angst vor dem Tod, da sie auf der einen Seite die Vergänglichkeit ihres materiellen Leibes fühlen, auf der anderen Seite die Unsterblichkeit wünschen.

Dieser Wunsch kommt von einer leisen Ahnung der Realität in unserer Seele – der Unsterblichkeit.

Frieden mag sich deswegen durchaus materiell ausdrücken, aber er ist als Prinzip immer geistig.



Sexuelle Befriedigung und die Seele

Bei sexueller Befriedigung nähern wir uns, nach meinem Verständnis, einem seelischen Prinzip.

Und diese Nähe ist wie die Wärme eines Feuers. Je näher du kommst, desto wärmer und angenehmer wird es, je nachdem, wie kalt dir vorher war.

Oder anders ausgedrückt, wie wenig Frieden du vorher besaßt.

Allerdings kannst du nicht eins mit dem Feuer werden, ohne zu verbrennen.

Aber die Nähe des Feuers und seine wohltuende Wärme bringt dir Frieden.

Im Hinblick auf sexuelle Befriedigung, können wir jedoch nicht durch dessen Handlung dauerhaft in der Nähe des Feuers verharren. Und je mehr wir es versuchen, desto mehr wird es uns Kraft kosten. Das kann sogar soweit gehen, dass man sich dadurch im wahrsten Sinne des Wortes selbst verzehrt.

Es ist jedoch möglich, sich in seiner Seele dem Lebensfeuer in uns zu nähern. Und je mehr wir dies tun, desto mehr wird uns diese Wirkung, Frieden, erfüllen.

Das ist der sogenannte Weg zur Wiedergeburt und er führt nur durch die Liebe.

Und nur, weil wir Sex als „Liebe machen“ bezeichnen, da man Sex nicht sagen durfte oder darf, ist es nicht das Gleiche. Liebe kann man in meinen Augen auch niemals „machen“, sondern nur er-leben, erfahren und reflektieren.

Für mich ist der Wunsch danach tief in unserer Seele verwurzelt. Und all unser Streben nach sexueller Befriedigung will eigentlich nur das, nur hat man es uns so gut wie nie erklärt und gezeigt.

Das ist für mich wahrhaftige Sexualität. Nicht das Streben nach sexueller Befriedigung, sondern die Erfahrung von Frieden, als Ausdruck der Liebe, tief in mir.

Und nach eigener Erfahrung kommt an diese Gefühl KEINE physische Handlung (sexuelle Befriedigung) im Hinblick auf wahren Seelenfrieden, heran.

Diesen Seelenzustand kann man jedoch nicht einfach so dauerhaft aufrecht erhalten, sondern muss ihn kultivieren. So, wie man ein Pflanze hegen und pflegen muss, bevor sie Früchte tragen kann.

Wer dies schon einmal erfahren hat, weiß, was ich meine. Wer es noch nicht erfahren hat:

Es ist es wert. IMMER. Und es ist die einzige Wahrheit im Hinblick auf unser Thema.

Ob du es glaubst, oder nicht, steht dir frei.

Nach meiner Erfahrung gibt es aber keinen Frieden ohne Glauben.

Schließen wir mit einem irischen Segen:

„Mögest du gesegnet sein mit Wärme in deinem Zuhause, Liebe in deinem Herzen, Frieden in deiner Seele und Freude in deinem Leben.“